
Kim de l’Horizon, geboren 2666 auf Gethen. Nahm an verschiedensten Schreibwettbewerben teil und veröffentlichte Texte im Magazin DELIRIUM. Kims Debüt «Blutbuch» wurde 2022 mit dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet.

Nachdem die Grossmutter an Demenz erkrankt ist, bricht die non-binäre Erzählfigur von «Blutbuch» die Schweigekultur der Mütter, indem sie deren Geschichten fabuliert. Kim de l’Horizon versucht sich zu befreien von der binären Geschlechterordnung, von Traumata und Klassenzugehörigkeiten. Und nicht zuletzt von der binären Sprache selbst, die sich in diesem mehrfach ausgezeichneten Debüt in teils zärtlichem, teils heftigem Ton nicht festlegt, sondern öffnet.
In der Sprache, die ich von dir geerbt habe, in meiner Meersprache also, gibt es nur zwei Möglichkeiten, ein Körper zu sein. Das Aufwachsen im Gaumen der deutschen Sprache zwang mich stets in diese Kindergartenzweierreihe hinein. In der Sprache, die ich von dir gelernt habe, in meiner MOTHER TONGUE, weiss ich nicht, wie ich von mir schreiben kann. Da sind Mutters Zunge drin und deine Augen und ich meine – ich meine – mein Körper, meine Körper, meine Körperlichkeit?
Lesung und Gespräch