
Alain Claude Sulzer, geboren 1953. Sein literarischer Durchbruch erfolgte 2004 mit dem Roman «Ein perfekter Kellner». Für seine zahlreichen weiteren Veröffentlichungen wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Kulturpreis der Stadt Basel.

Den zwillingsgleich lebenden Brüdern Jules und Edmond de Goncourt entging fast nichts. In ihren zeitlebens geheimen Tagebüchern dokumentierten und kommentierten sie mit spitzer Feder das gesellschaftliche Leben im Paris des 19. Jahrhunderts. Ihre feine Beobachtungsgabe war berühmt-berüchtigt. Für die existenziellen Dramen aber, die sich in ihrem eigenen Haus abspielten, waren sie blind. Diese Gegenwelten führt Alain Claude Sulzer präzis beobachtend, aber nie blossstellend zusammen.
Wer die beiden tuschelnden Männer beobachtete, die gestikulierend unterstrichen, was außer ihnen niemand hören konnte, mochte sie für genau das halten, was sie waren, Freunde oder Brüder, die einander stützten; Brüder, gewiss, vor allem aber Dichter! Erkunder! Wörtersucher! Sucher, Entdecker und hellwache Erkenner des sichersten Werts und Gewichts der freimütigsten, farbigsten, treffendsten, wahrsten Formulierung für jedes Ding, jede Regung, jeden Stoff, kurz jede Erscheinung der sicht- und nichtsichtbaren Welt. Nur selten genügte ein einziges Wort, Farben wurden auf der unsichtbaren Palette gemischt, bis der gewünschte Ton genau getroffen war.
Podium
Lesung und Gespräch